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Autoimmunkrankheit 13 Jahre alt - und Rheumapatientin

An Rheuma leiden nicht nur ältere Menschen, in Deutschland sind auch etwa 20.000 Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren betroffen. Heilen lässt sich die Krankheit nicht, doch die richtige Therapie ermöglicht ein fast beschwerdefreies Leben.
Merve Engelbrecht und Arzt Hans-Iko Huppertz: Fast beschwerdefrei trotz Rheuma

Merve Engelbrecht und Arzt Hans-Iko Huppertz: Fast beschwerdefrei trotz Rheuma

Foto: Ingo Wagner/ dpa

Rennen, springen, toben: Was für die meisten Kinder ganz normal ist, bereitete Merve unsägliche Schmerzen. Die 13-Jährige aus Wilhelmshaven hat chronisches Rheuma. Ihre Gelenke in den Ellenbogen, Knien und Fingern waren entzündet und stark angeschwollen.

"An einem Morgen ist sie vor dem Bett zusammengebrochen und konnte nicht mehr aufstehen", beschreibt ihre Mutter Katja Engelbrecht das Ausmaß der Krankheit, die meist mit älteren Menschen in Verbindung gebracht wird. Doch allein in Deutschland leiden rund 20.000 Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren unter der sogenannten juvenilen idiopathischen Arthritis (kurz JIA).

"Idiopathisch bedeutet, dass wir die Ursache nicht kennen", sagt Kinder- und Jugendrheumatologe Hans-Iko Huppertz. Bei Rheuma seien zwar die verschiedenen Stadien der Krankheit bekannt und gut behandelbar. Warum die Krankheit entstehe, wisse man jedoch nicht. Huppertz leitet eines der deutschen Zentren für Kinder- und Jugendrheumatologie in der Professor-Hess-Kinderklinik in Bremen.

Stoßtherapie in der Klinik

Hier wird die 13-jährige Merve behandelt: Alle acht Wochen erhält sie intravenös ein Mittel, das Kortison ähnlich ist. Merve sitzt gut gelaunt auf einem Stuhl in der Klinik, von ihrer Behandlung sieht man nur einen Verband am rechten Arm. Er deckt die Armbeuge ab, wo sie die Infusion bekommt. Drei Tage muss Merve für eine solche Stoßtherapie in der Klinik bleiben.

Früher verbrachte sie ganze Tage nur im Bett. "Man möchte einfach nur schlafen und ist erschöpft", erzählt sie. Es sei deprimierend gewesen. Sie habe jedoch Mut und Kraft von ihren Freunden und den Ärzten bekommen. "Und von meinem Pflegepferd und der Reitgemeinschaft daheim in Bonnhausen", sagt Merve. Ohne die psychologische Stütze wäre die lange Therapie schwerer gewesen.

Von 100.000 Kindern erkranken zwischen 20 bis 30 an kindlichem Rheuma. Damit ist JIA die häufigste chronische Autoimmunerkrankung im Kindesalter, bei der der Körper versucht, eigenes Gewebe zu bekämpfen. Die Entzündungen können von den Gelenken auf andere Organe übergehen. "Auch die Augen oder das Herz können betroffen sein", sagt Huppertz. Dass die Krankheit früh diagnostiziert wird, ist besonders wichtig, damit solche Komplikationen vermieden werden können.

Schmerzen in den Kniegelenken

Eine häufige Form von Kleinkindrheuma trete beispielsweise in den Kniegelenken von Mädchen auf, die gerade das Laufen lernen. Dass die Kinder humpeln, werde zu Beginn häufig übersehen, sagt Huppertz.

Auch bei Merve war der erste Verdacht für den Grund der Schmerzen ein anderer: "Manche haben gesagt, dass das Wachstumsschmerzen sind und dass ich mich nicht so anstellen soll", sagt sie. Ihr behandelnder Kinderarzt habe aber schnell reagiert und die 13-Jährige zu den Experten nach Bremen geschickt, sagt Merves Mutter.

Rund 20 Zentren für Kinder- und Jugendrheumatologie gibt es bundesweit. Um das Rheumaeinzudämmen, können verschiedene Medikamente wie Ibuprofen oder Steroide genutzt werden.

Auch wenn man bei der chronischen Krankheit nie von Heilung sprechen kann: Die meisten jungen Patienten können unter Behandlung fast beschwerdefrei leben.

Amelie Richter, dpa